Diesen Sommer haben Chiara und ich definitiv nicht so verbracht, wie wir ihn gerne verbracht hätten. Dennoch gibt es einiges zu berichten. Dieser Sommer war geprägt von Arztbesuchen, Ambulanz – und Klinikaufenthalten. Heute will ich euch über unsere Erfahrungen als Assistenzhundeteam in diesen Einrichtungen erzählen.
Zum Beginn will ich euch sagen, dass ich fast nie ohne Ankündigung, in eine medizinische Einrichtung komme. Dabei erkläre ich einfach im Vorfeld, dass ich in Begleitung eines Assistenzhundes sein werde. Auch wenn wir dass Recht hätten, einfach damit aufzutauchen, finde ich es den höflicheren Weg. Natürlich macht dieser Weg auch angreifbar, aber lieber erkläre ich es im Vorhinein am Telefon, als dann in der Einrichtung vor den ganzen anderen Patienten.
Fangen wir mal bei den Ordinationen an. Seit Chiara ihre Prüfung abgelegt hat geht sie mit mir zu meiner Hausärztin. Diese war von Anfang an sehr offen uns gegenüber, was die Termine sehr angenehm macht. Meine Ärztin ist im Dorf und erzählte mir dann mal beiläufig dass sie inzwischen öfter gefragt wird: Ob denn der Hund mitkommen kann. Sie erklärt dann den Patienten sehr höflich dass Chiara eine Ausnahme sei, weil sie eben ein Servicedog ist.
Auch zu meiner Frauenärztin darf Chiara mit. Hier wartet sie dann einfach im „Büroteil“ des Untersuchungszimmers während wir nebenan die Untersuchungen durchführen. Mein Augenarzt heißt Chiara immer Willkommen und freut sich uns zu sehen. Sie darf mit in die einzelnen Untersuchungszimmer und bekommt dann auch ab und zu eine Streichelbehandlung. (Sofern sie nicht im Dienst ist) Bei meiner Neurologin muss ich immer „Randtermine“ in Anspruch nehmen, da sie nicht will, dass wir mit anderen Patienten in Kontakt kommen. Aber auch dass soll uns recht sein, da man ja sowieso einen Termin vereinbaren muss.
Chiara begleitet mich natürlich auch zur Physio- und Ergotherapie. Wir sind überall herzlichst Willkommen. DIe Therapeuten haben auch den Eindruck dass die Patienten lieber mitarbeiten wenn Chiara in der Einrichtung ist. Alleine die Tatsache dass sie da ist, wirkt sich positiv auf die anderen Patienten aus. Denn mit ihr in Kontakt treten dürfen die anderen ja nicht. Das wird den Patienten auch immer wieder erklärt. In den Räumlichkeiten der Ergotherapie darf sie sich frei bewegen und fühlt sich schon fast wie zuhause. Am liebsten liegt sie dort beim Aquarium und beobachtet die Fische während ihr Frauerl Therapie hat. Die Türe zum Behandlungszimmer ist immer offen, sodass sie im Notfall zur Unterstützung kommen kann. Allerdings weiß sie auch zu gut, dass ich in guten Händen bin. In der Physio darf sie sich im Behandlungsraum frei bewegen, wenn wir uns im Trainingbereich aufhalten, bekommt sie ihren Platz auf ihrer Decke zugewiesen, damit sie mich immer im Auge behalten kann aber die anderen Patienten nicht stört. Wenn ich Unterwassertherapie habe, bleibt sie bei den Mädels an der Rezeption, was alle Beteiligten immer große Freude bereitet.
Damit kommen wir auch schon zum Sanatorium. Als ich zum ersten Mal ins Sanatorium ging, bin ich ohne Anmeldung dort aufgetaucht. Ich hatte mich im Training verletzt, hab mich zwar in der Ambulanz angemeldet, aber im Stress vergessen von Chiara zu erzählen. Als wir dann denn Eingang betraten war die Verwunderung über sie Groß, nachdem ich den Damen an der Rezeption dann gesagt habe, dass Chiara ein Assistenzhund ist, durften wir ohne Probleme passieren. Da alle Einrichtungen ihre eigenen Hygienekonzepte haben, fragte ich den Arzt natürlich ob Chiara im Wartebereich bleiben soll oder ob sie mit in den Behandlungsraum kommen kann. Hier war es überhaupt kein Thema, Chiara durfte mit. Als dann feststand, dass ich operiert werden muss, wurde sofort nachgefragt ob mich Chiara begleitet. Da ich aber nach der Schulteroperation immobil war, verneinte ich es. Chiara blieb bei meinen Eltern. Aber schon alleine die Tatsache, dass es kein Problem war, war für mich sehr beruhigend.
Als ich heuer aufgrund der Sehnerventzündung im Sanatorium war, wurden wir wiederum sehr liebevoll aufgenommen. Da ich die Therapie übers Wochenende bekam, musste ich täglich auf die neurologische Station, wo es auch keinerlei Probleme gab. Ganz im Gegenteil die kleine Maus wurde gut umsorgt. Wenn ich Untersuchungen habe, zu welchen sie nicht mit kann, (z.B. MRT oder Röntgen) passt das Personal auf sie auf. Dass wir so herzlich aufgenommen werden, gibt mir ein gutes Gefühl, egal wie doof meine Situation gerade ist.
So nun aber weg von der privaten Einrichtung hin zu den Öffentlichen. Am Klinikareal war tatsächlich das größte Problem das wir hatten, an der Security vorbei zu kommen. Meine Taktik hierzu war dann immer, ruft bitte den Arzt oder die Ambulanz an und erklärt warum ich nicht zu meinem Termin kommen kann. Während Corona wurde das tatsächlich oft zur reinsten Nervenprobe. Inzwischen kennt uns die Security in Innsbruck nur zu gut und wir müssen maximal das Dreieckstuch in ihre Richtung drehen. Auf den Ambulanzen gab es nie Probleme. An der Klinik darf Chiara nicht in alle Räume (überall wo mit offenen Wunden gearbeitet wird, bzw. eine Blutabnahme stattfindet hat sie Zutrittsverbot) Aber auch das ist kein Problem. Ich lege sie dann vor diesen Räumlichkeiten ab, sie hat ja in ihrer Ausbildung gelernt in solchen Fällen auf mich zu warten. Als ich vor ein paar Wochen stationär in Innsbruck war, traute ich mich nicht wirklich zu fragen, ob Chiara mit darf. Da ich auch nicht genau wusste, welche Untersuchungen auf mich warten war es mir sowieso zu ungewiss. Aber sie kam mich jeden Tag besuchen, wenn sie dann mit mir auf die Station ging, war das immer problemlos möglich. Die Stationsärztin versicherte mir dann auch, dass sie sich noch genau informiert ob Chiara bei einem weiteren Aufenthalt nicht mitkommen kann. Sie verstand dass wir uns gegenseitig vermissten und auch den Punkt, dass ich gewisse Dinge gerne selbstbestimmt mit meinem Assistenzhund machen würde. Auch wenn das Personal mich sehr gut versorgt und mir gerne helfend zur Seite steht.
Diese Woche hatte ich dann einen Termin im AKH, zum ersten mal mit Chiara. Ich dachte nicht daran, dass es hier zu Problemen kommen könnte. Immerhin kannte ich einige Teams die in Wien leben. Was ich hier erlebte war dann allerdings doch sehr überraschend. Wir waren noch nichtmal richtig im Gebäude lief uns schon der erste Security Mensch hinterher und schrie mir nach: Ist das ein Blindenhund? Ich verneinte sagte aber dass sie dennoch ein Assistenzhund sei und dieselben Rechte hat. Womit er sich wortlos umdrehte und weg ging. Keine zwei Minuten später kam die nächste Security und erklärte mir: Hunde dürfen hier nicht sein. Ich erklärte mich erneut. Wonach er dann meinte: Dann wird es schon okay sein. Als wir an der nächsten Security Dame vorbei rollten zeigte ich nur auf Chiara’s Halsband. Kurz vor dem Lift zu den Ambulanzen, dieser Weg kam mir schon fast wie ein stundenlanger Marathon vor, stoppte mich auch schon der vierte. Er meinte mir erklären zu müssen, dass hier Hunde nichts verloren haben. Als ich ihm dann schon richtig genervt sagte: Doch sie ist ein Assistenzhund und darf schon mit und gleichzeitig ihr Halsband in seine Richtung drehte, schrie er mich an ob ich denn überhaupt einen Ausweis dafür habe.(Jedes Team hat tatsächlich einen Assistenzhundeausweis und Chiara wird als Assistenzhund zusätzlich noch im Behindertenpass angeführt) Da meine Geduld am Ende war, wurde auch ich unhöflich, zog meine Geldtasche raus und fragte, welchen er denn sehen will. Daraufhin lies er uns weiterziehen.
Nachdem ich schon fast 20 Minuten bis zur Ambulanz brauchte, stellte ich mich schon auf das Schlimmste ein. Aber ganz im Gegenteil hier wurden wir Herzlichst aufgenommen. Die Pfleger und Schwestern sorgten sogar dafür dass Chiara reichlich zum trinken hat. Sie durfte mich bei jeder Untersuchung begleiten, sogar zur Blutabnahme. Also das komplette Gegenteil zum Erdgeschoss. Ich war einfach nur froh und so dankbar. Chiara machte ihren Job im AKH auch hervorragend. Nach 4 Stunden hatten wir alles hinter uns und konnten wieder weiterziehen.
Eines merke ich aber dennoch immer wieder ein Blindenführhund ist bekannt, wir dürfen aber ganz oft erklären was ein Servicedog so alles leistet. Was ich natürlich liebend gerne mache. Ich weiß dass das Gesetz in Österreich noch mehr oder weniger in den Kinderschuhen steckt, bin aber extrem dankbar dass es in medizinischen Einrichtungen inzwischen schon so gut klappt. Nun müsste das Verständnis gegenüber des Assistenzhundes nur noch in den Reha-Einrichtungen Einzug halten. Hier mach ich leider noch viel zu oft die Erfahrung, dass es ihnen zu mühsam ist, sich mit diesem Thema auseinander zu setzen. Bzw. Kommt dann auch oft die Aussage, dass es hier eh Pfleger gibt welche die Aufgaben des Assistenzhundes übernehmen. In diesem Punkt haben sie ja vollkommen Recht, aber mein Servicedog ist doch dafür da, dass ich ein selbstbestimmtes und selbstständiges Leben führen kann…..