Die letzten Monate standen ganz im Zeichen des Pre Wettkampf Trainings. Nach meinem mentalen Tief fand ich Anfang Dezember zurück ins Klettertraining. In den Wochen zuvor trainierte ich zwar schon fleißig im Olympiazentrum, allerdings nur für mein persönliches Großprojekt, über das ich euch noch etwas später ausführlicher berichten werde. Dieses Training war ist mir so wichtig, dass wir uns darauf einigten dieses auch weiterzuführen.
Der erste Block startete mit Grundlagenausdauer. Neben dem Aufbau der Grundlage war es mir auch wichtig, wieder Spaß am Klettern zu finden. Kurt und Egon unterstützten mich dabei sehr. Nach diesem Trainingsblock war mir klar, ich werde an einer neuen Saison arbeiten. Ich gebe dem Klettern und mir nochmal eine Chance. Damit stand auch fest, ich benötige einen neuen Trainer. Nach einem guten Gespräch mit dem Verband wurde mir versichert, dass ein neuer Trainer für mich gesucht wird.
Indes startete ich mit dem Muskelaufbau-Programm. Zu dieser Zeit durfte ich auch Hannah in meinem Team begrüßen. Hannah übernimmt die Assistenz für meine Trainings und ich durfte mich über einen Glücksgriff freuen. Als ehemalige Wettkampf-Kletterin kann mir Hannah nicht nur super Routen einhängen, sondern auch noch wertvolle Tipps mitgeben. So meisterten wir den Aufbaublock extrem gut. Wir zwei waren uns fast immer einig, welche Routen sich gut fürs Training eignen, und wir waren beide mehr als erstaunt, was in diesem Aufbau weiterging. Ich bekam sogar Routen gesetzt die mich im Training extrem unterstützten. Danke an das Team vom KI, welches mir die coolen Routen baute. Der Sprung in den Tockt Routen war enorm. Zum Schluss kletterte ich in 8a+ Routen. Was mir zeigte, dass ich mit meinem Trainingsplan definitiv am richtigen Weg bin.
Im Gym ergänzen wir das Beintraining mit dem kletterspezifischen Muskelaufbautraining. Ich bin Fabi extrem dankbar, dass er diesen Weg mit mir geht. Das experimentieren, was meine Füße können und was nicht, macht extrem viel Spaß. Wenn zum ersten mal Abläufe im Training funktionieren, an denen man gefühlt monatelang gearbeitet hat, springt die Seele an die Decke. So kleine Dinge können zu riesengroßen Glücksgefühlen werden. Was mir auch beweist, ich kann einfach alles schaffen. In dieser Zeit fand sich auch ein neuer Trainer. Gemeinsam entschieden wir, dass ich meinen momentanen Trainingsplan noch zu Ende mache, ehe Luis mit einem neuem Trainingsplan startet.
Vor dem Neustart stand aber noch die Kaderüberprüfung auf dem Plan. Sozusagen der krönende Abschluss meines Trainingsplans. Hier kam es zu einer Wettkampfsimulation, und es gelang mir, alle drei Routen bis zum Top zu klettern, somit meinen Kaderstatus einwandfrei bestätigen.
Diese Pre Saison war wirklich spannend. Ich ging einen komplett neuen Weg, konnte mein Trainingspensum steigern und fühlte mich so fit wie noch nie zuvor. Ich war wirklich schon gespannt auf den neuen Trainer und dessen Trainingsinput. Eines stand schnell fest, es wird ein Maxkraft Training das ich noch nie zuvor gemacht hatte. Ich fragte mich, wie wohl mein Körper mit dem neuen Input umgehen würde, und wie stark ich nach diesem Block in den Wettkampf starten kann.
Die ersten Trainings waren ziemlich intensiv und mein Körper hatte einiges zu tun, um sich darauf einzustellen. Dennoch war ich stolz darauf wie er sich in den Maxkraft Routen schlägt und welche Kletterbewegungen ich in den letzten Wochen und Monaten gelernt hatte und verinnerlichen konnte. Mein Selbstvertrauen wuchs in dieser Zeit immens. Das war auch für meine Seele sehr wichtig, denn diese hatte wirklich große Wunden die es zu heilen galt.
Dann kam es wieder einmal anders als geplant. Mein Körper beschloss, er will nicht mehr. Ein Schub kündigte sich an. Was ich anfangs als Überlastung abgetan hatte, entpuppte sich richtig als erneuter Schub. Ausgerechnet meine linke Hand und mein linker Arm wird von Spastiken heimgesucht. An einigen Tagen extrem schlimm, an anderen konnte ich ganz gut damit umgehen. In der Zeit meiner Erkrankung lernte ich, dass ich die Spastik nicht immer ganz so ernst nehmen sollte. Oft war die Spastik ganz arg und ich konnte dennoch ein Weltklassetraining absolvieren. Oftmals ging es mir sogar nach einem Training besser als zuvor.
Aber genau das sollte mir in einem Training zum Verhängnis werden. Meine Hand und die Finger fühlten sich extrem schmerzhaft an, die Spastik hatte mich voll im Griff, ein Grund mehr, etwas vorsichtig zu sein. Wir suchten uns Leistenrouten, denn die kann ich im Regelfall besser tolerieren. Ich war definitiv vorsichtig, hab nach einer Leiste geschnappt, bin kontrolliert und langsam an die Griffe herangegangen – an alle – nur dann kam da dieser eine Untergriff. Mein Kopf schaltete aus ich drückte den Griff voll zu um mich halbwegs gut zu positionieren, denn immerhin sind Untergriffe für mein Handicap nicht einfach zu händeln und zack – ich spürte ein ziehen und hörte ein schnalzen. Luis merkte sofort, dass etwas nicht in Ordnung war und seilte mich schnell ab.. Ich erklärte was passiert war und dass die Spastik plötzlich nachließ. Ihm war sofort klar – da stimmt was nicht – Training beendet. Wir einigten uns drauf, dass sich ein Arzt das anschauen muss. Während wir auf den Termin im Sanatorium warteten, kühlte ich den Finger, immer noch in der Hoffnung dass alles halb so schlimm ist.
Im Sanatorium angekommen stand schnell fest, es ist ein Ringbandeinriss. Eine Diagnose die kein Kletterer hören will. Doch immerhin war es kein kompletter Riss. Dennoch heißt es erstmal pausieren. Danach ist auch nicht mehr so schnell an Maxkraft zu denken. Da ich von Pausen ja nie überzeugt bin, haben wir beschlossen, das Training abzuändern. Wir stiegen um auf einhändig klettern, wo mir ziemlich schnell meine Grenzen aufgezeigt wurden, denn einarmig sollte man stabile Füße haben. Aber was soll ich sagen – es lebe die Herausforderung! So brachte ich auch diese Zeit irgendwie hinter mich. Die Max-Routen werden mich allerdings nicht mehr so schnell sehen. Immerhin kann ich etwas Maxkraft am Hangboard und an der Klimmzugstange machen – allerdings nur mit der rechten Hand.
Ich bin schier verzweifelt, da hat man einmal das Gefühl es würde alles gut gehen, schon kommt zum wiederholten mal das Leben dazwischen. Ich bin Luis so dankbar, dass er mich jetzt nicht aufgegeben hat. Einen leichten Start hatte er so keinesfalls. Aber er zaubert immer wieder angepasste Pläne und versucht mich körperlich und mental zu unterstützen wo er nur kann. Auch Hannah ist, was das angeht, wirklich ein Wahnsinn. An dieser Stelle ist es an der Zeit ein grosses D A N K E an meine Trainer, Physios, Ergo´s und an meine Sportpsychologin zu hinterlassen. Ohne euch hätte ich wahrscheinlich schon lange aufgegeben.
6 Wochen vor einem Weltcup wieder so einen Rückschlag zu erleben machte mich wirklich mürbe, danke für die seelische Aufbauarbeit die ihr in den letzten Wochen geleistet habt.
Dennoch war lange nicht klar ob ich nach Salt Lake City fliegen kann. Nachdem letzten Montag dann auch noch die komplette Ringbandruptur diagnostiziert wurde, rückte die ganze Sache noch weiter in die Ferne. Mein Finger ist zwar wirklich brav mit der Heilung, ich kann im Vertikalen auch schon wieder 7a+ klettern, aber den Überhang will er noch nicht tolerieren.
Somit beschlossen wir am Donnerstag noch einen letzten Versuch zu wagen.
Unser Ziel – Wettkampfsimulation im Überhang. Das Ergebnis: der Finger arbeitete brav mit, nur Seituntergriffe akzeptiert er nach wie vor nicht. Trotzdem beschlossen wir doch die Chance zu nützen, und den Wettkampf in Salt Lake in Angriff zu nehmen. Die letzten Trainings vor dem Wettkampf werden nun ganz fingerschonend absolviert, dann hoffen wir, dass der erste Wettkampf der Saison ein voller Erfolg wird…….
Drückt mir bitte die Daumen !!!