Wenn Aufgeben keine Option ist: Über Versprechen, Rückschläge und den Mut, weiterzuklettern – auch dann, wenn alles dagegen spricht.

Oktober 29, 2025by Jasmin Plank0

🌄 Zwischen Sorgen, Schmerz und Gold – mein Weg durch eine Achterbahnfahrt der Gefühle

Manchmal passieren im Leben Dinge, die einen von einer Sekunde auf die andere völlig aus der Bahn werfen.
Man glaubt, man hat alles im Griff – Training, Wettkämpfe, Ziele – und plötzlich zählt nur noch eines: dass ein geliebter Mensch überlebt.

So begann für mich eine der emotionalsten und intensivsten Zeiten meines Lebens. Kaum war ich von Seoul zurück, stand die Welt still. Meine Mama musste operiert werden, und der Ausgang war ungewiss. Zwischen Krankenhausbesuchen, Training und dem Versuch, irgendwie zu funktionieren, wurde diese Zeit zu einer Zerreißprobe für Körper und Seele.

Und doch gab es da ein Versprechen – eines, das mich selbst in den dunkelsten Momenten getragen hat.
Ein Versprechen, das mich zurück an die Wand führte, dorthin, wo Schmerz und Stärke so nah beieinander liegen wie nirgends sonst.


Zwischen Sorgen und Hoffnung

Kaum von Seoul zu Hause angekommen, bekam ich schon die nächste Hiobsbotschaft:
Meine Mama musste operiert werden. Der Ausgang war ungewiss, aber eines stand fest – die OP musste sein. Von einer Sekunde auf die andere war alles andere nebensächlich. Am Montag kam sie ins Krankenhaus, am Mittwoch stand der Eingriff an.

Kurz davor rang sie mir noch ein Versprechen ab:

„Wenn ich das überstehe, musst du mit dem Klettern weitermachen.“
Auch wenn sich alles in mir dagegen sträubte, willigte ich ein.

Um mich von den Sorgen abzulenken, beschloss ich, am Tag der Operation in die Berge zu flüchten. Sandra und ich fuhren früh mit der ersten Bahn auf den Glungezer, um von dort den Zirbenweg zu wandern. Oben überraschte uns schon der erste Schnee – eine kleine Freude für meine Maus, während ich innerlich vor Sorge fast zerbrach.

Dann die erlösende Nachricht: Mama hatte die Operation gut überstanden! Die Erleichterung war riesig. Doch mein Körper war längst im Ausnahmezustand, die Spastik stark, und auch mental war ich nur noch im Funktionsmodus.


Zwischen Krankenhaus, Training und Erschöpfung

Die Tage danach bestanden aus Training, Krankenhausbesuchen und der Versorgung unserer Wuffis. Mehr schaffte ich nicht – weder körperlich noch seelisch. Den letzten Master vor dem Weltcup sagte ich ab. Ich war einfach am Limit.

Doch selbst das Training lief nicht rund:
Erst eine Verletzung an der Bizepssehne, dann ein Knacken im Finger – Verdacht auf Ringbandriss. Die Diagnose bestätigte sich: Mein Ringband hing sprichwörtlich am seidenen Faden. Klettern? Eigentlich nicht zu empfehlen.

Ich stand zwischen Versprechen und Vernunft.
Gemeinsam mit meinem Trainerteam beschlossen wir einen vorsichtigen Versuch – mit stark getaptem Finger. Doch der Schmerz blieb, die Unsicherheit wuchs, und ich konnte kaum noch Entscheidungen treffen. Zum Glück entschied mein Team für mich, dass vieles dagegen sprach – und doch war da dieses Versprechen an Mama.

Während ich kämpfte, erholte sie sich zum Glück immer besser. Schließlich durfte sie nach Hause, kurz bevor ich selbst zum letzten Weltcup der Saison aufbrach.


Der letzte Weltcup – zwischen Schmerz und Stolz

Am Freitag stand mein Wettkampf an. Ein langer Tag – Qualifikation und Finale an einem Stück, vom frühen Morgen bis spät in die Nacht. Die erste Route war gut machbar, mein Finger hielt stand, und ich konnte mir ein Top sichern. Die zweite Route war schwieriger, aber ich fand Wege, um die kritischen Griffe zu umgehen. Am Ende reichte es – Finale!

Nach einem langen Tag im Hotel, etwas Ruhe und mentaler Vorbereitung, stand ich abends wieder in der Isolation. Schon beim Anblick der Finalroute wusste ich: Das wird kein Spaziergang. Viele Leisten, Balance-Passagen – genau das, was meinem verletzten Finger gar nicht gefiel. Aber ich beschloss, einfach zu schauen, was geht – und loszulassen, wenn es nicht mehr geht.

Als ich schließlich in die Route einstieg, fand ich schnell meinen Flow. Ich kletterte ruhig, konzentriert, Schritt für Schritt.
Dann kam die Ausstiegsplatte – und plötzlich lief alles wie von allein. Ich überholte Chiara, fühlte mich stark, bis mein Finger beim letzten großen Griff protestierte. Ich ließ los – und durfte mich über Weltcup-Gold freuen.

Unverhofft, unperfekt – und doch wunderschön. Vielleicht sogar mein glänzendster Sieg der Saison.


Ein perfekter Abschluss für das ganze Team

Auch für unser gesamtes Team lief es großartig:
Daniel sicherte sich seine erste Weltcup-Medaille – verdientermaßen! Die Emotionen gingen mit uns allen durch, ich war so unsagbar stolz auf ihn.
Bei den sehbeeinträchtigten Athletinnen wurde es zum Krimi: Nach einer spannenden Quali entschied letztlich die Zeit – und Linda durfte sich über Gold freuen. Auch Angelino und Markus lieferten starke Leistungen ab.

Ein besseres Saisonfinale hätten wir uns wirklich nicht wünschen können.


Fazit 🌟

Diese Saison war für mich eine Achterbahnfahrt – körperlich, emotional, mental.
Ich habe gelernt, wie nah Schmerz und Stärke beieinander liegen.
Wie wichtig Familie, Freunde und ein starkes Team sind, wenn alles andere wankt.
Und dass man manchmal selbst mit einem kaputten Finger Großes erreichen kann – wenn man nicht nur mit den Händen, sondern mit dem Herzen klettert.

Jetzt heißt es: Pause. Durchatmen. Reha. Wiederaufbau.
Nicht nur körperlich, sondern auch seelisch.
Um dann – mit etwas Abstand – zu reflektieren, was dieses Jahr alles gebracht hat.

Und vielleicht, ganz vielleicht, geht’s dann wieder weiter.
Für Mama. Für mich. Für alles, was zählt. ❤️

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