Das Abenteuer Weltmeisterschaft in Bern begann mit einem 2 tägigen Trainingslager. Im Fokus standen hierbei nochmal das Routen spulen um uns ein letztes mal auf die bevorstehenden Tage zu fokussieren. Es wurden 6 Paraathleten für die Weltmeisterschaft nominiert. Es war so schön alle nochmal zu treffen. Zum ersten mal hatten wir auch eine Physio mit dabei, sie wird auch den Trainerstab unterstützen.
Am Sonntag frühstückten wir noch gemütlich, bevor wir in die Schweiz aufbrachen. Unser Ziel, so ankommen dass wir noch die Lead Finales sehen können. Denn Jakob und Jessy hatten sich den Finaleinzug erklettert. Die beiden leisteten hervorragende Arbeit und Jakob holte sich die erste österreichischen Medaille, er wurde Weltmeister. Was für eine emotionale Ankunft. Beflügelt von den Erfolgen freute ich mich schon sehr auf Dienstag.
Am nächsten Tag beschlossen wir eine kleine Sightseeingtour durch Bern zu machen. Währenddessen mussten die Coaches uns anmeldeten und das Technical Meeting hinter sich bringen. Am Abend traf sich das gesamte Nationalteam zum Abendessen. Noch einmal die Energiespeicher auffüllen bevor es Ernst wird. Da wir unsere Klettervideos erst extrem spät abends bekamen, beschloss ich nur noch kurz ein Auge darauf zu werfen ehe ich mich schlafen legte. Ich hatte ja noch am Morgen genug Zeit die Videos anzuschauen.
Nachdem die Nacht sehr kurz und durchwachsen war, ging ich recht zeitig zum Frühstück. Im Anschluss hieß es rauf auf mein Zimmer, um mich für den Bewerb herzurichten und die Klettervideos anzusehen. Da unser Eventgelände sehr nahe am Hotel war, beschlossen wir zu Fuß hinzugehen. So hatte Chiara auch noch die Möglichkeit sich zu erleichtern. Die kleine Maus dürfte meine Nervosität so zu spüren bekommen haben, dass dieses Vorhaben erfolglos verlief.
Ich machte mich auf den Weg zum aufwärmen. Ich startete mit dem Warmup meines Körpers und ging im Anschluss an die Kletterwand. Ich freute mich drauf, dass die erste Route an der Speedwand war. Ich wusste zwar, dass diese definitiv den schwereren Klettergrad haben wird schätzte sie aber, für mein Handicap, leichter machbar ein als die Wand im Überhang.
So rollten wir vom Aufwärmbereich zur Kletterwand. Kurze Zeit später stieg ich auch schon in meine erste Route ein. Was soll ich sagen, als ich den 4. Griff erreicht hatte wusste ich, dass ich diese Route ziemlich unterschätzt habe. Schon dort war die Route für mein Handicap extrem schwierig zu lösen. Eigentlich sah ich meine erste Crux-Stelle um einiges höher. Schließlich fand ich doch noch eine Lösung und kam endlich ein wenig zum klettern, ehe die nächste schwierige Stelle auf mich wartete. Auch hier schaffte ich es einen kühlen Kopf zu bewahren, ging nochmal einen Zug zurück schüttelte meine Arme aus und wagte einen weiteren Versuch. Die wurde belohnt aber schon 2 Züge später kam ich zu der Stelle, an der ich schon von der Besichtigung her wusste, diese Stelle wird richtig schwierig. Es kam wozu es kommen musste ich fand keine Lösung und beendete dort mein klettern. Mit dieser Performance schaffte ich es nach der ersten Route auf den 3. Platz.
Da zwischen der ersten und der zweiten Route über 2 Stunden Zeit war beschlossen wir, dass mich Michi dazwischen ein wenig mobilisiert. Denn die Route an der Speedwand forderte meine Beine extrem. Das mobilisieren tat richtig gut und ich kam ein wenig von der Spastik runter. Kurz vor dem Einsteigen in die zweite Route sicherte sie mich nochmal für ein weiteres Warmup. Denn ich wusste dass ich für den Überhang auch im Überhang aufwärmen muss. Mein Ziel war ganz klar, weit genug zu kommen, um am Donnerstag das Finale bestreiten zu dürfen.
Jetzt ist es soweit alles oder nichts. Ich stieg in die Route ein, schon nach ein paar Griffen wusste ich, dass ist genau meine Route. Jeden einzelnen Zug konnte ich einfach nur genießen. Ich setze so viele Hooks wie noch nie zuvor. Jeder Hook saß gefühlt einfach nur perfekt. Plötzlich merkte ich, dass mir die Kraft ausging, beziehungsweise dass mir die Spastik allmählich überschoss. Dennoch fand ich nochmal eine Rastposition. Von hier aus ging es dann tatsächlich noch ein paar Züge weiter, ehe mich die Route abschüttelte. Für mich einfach nur ein toller Moment. Endlich konnte ich im Wettkampf wieder in einen Flow finden. Um mich herum war alles vergessen. Ein Gefühl dass ich leider schon viel zu lange nicht mehr hatte. Ich war überwältigt. Als dann die letzte meiner Kategorie dran war ,stand auch fest, dass ich mich durch diesen Einsatz an die Spitze setzte und somit als erstplatzierte ins Finale gehen darf. Was für ein Tag. Überglücklich aber richtig geschafft verließen wir das Eventgelände.
Der nächste Tag stand vollkommen im Zeichen der Erholung. Ich versuchte etwas länger zu schlafen aber irgendwie hatte mein Körper etwas dagegen. Nach dem Frühstück schauten wir einen Sprung zum Halbfinale der Kombination. Am Nachmittag machten wir es uns an der Aare gemütlich ehe es auch schon zum Abendessen ging. Eigentlich wollte ich früher schlafen gehen aber irgendwie klappte das nicht so recht. Ich ging noch ein letztes mal mit meiner Maus spazieren, im Anschluss legte ich mich mit meiner AVWF Musik schlafen. Ich war froh, dass ich nicht extrem Früh aus den Federn musste.
Nach dem Frühstück ging ich dann eine größere Runde mit Chiara. Ich war so nervös wie selten zuvor. Im Anschluss richtete ich mich fürs Finale her. Jeder Athlet hat da seine eigenen „Eigenheiten“. Für mich sind diese Rituale sehr wichtig um mich zu erden. Dann mussten wir los. Fünfzehn Minuten später war ich auch schon in der Isozone. Dort angekommen ging irgendwie alles viel zu schnell. Ich habe mein Aufwärmprogramm begonnen und bin direkt danach an die Kletterwand gegangen. Gerade als ich von der Wand kam wurde ich auch schon zur Besichtigung gerufen. Die Route schaute richtig cool aus. Ich dachte eigentlich dass ich hier richtig hoch hinaus klettern kann, ich glaubte sogar dran dass ich das Top erreichen könnte. Aber ich habe die Rechnung leider ohne Crux-Stelle gemacht. Nach der Observation und der Athletenvorstellung ging es wieder zurück in die Iso. Dort wartete auch schon Michi auf mich um mich noch ein letztes mal zu mobilisieren. Immerhin hatten wir ja in der Quali mega Erfolge damit. (Einen Physio zur Seite gestellt zu bekommen ist für mich tatsächlich Gold wert) Leider wurde ich, nachdem wir gerade mit einem Bein fertig waren, aufgerufen um wieder zurück in die Callzone zu gehen.
Dort hieß es dann noch einige Zeit warten, meine Finger konnte ich nicht mehr warm halten. Es hieß wiedermal das beste aus der Situation machen. Aber darin bin ich eh schon eine Meisterin geworden. Dann wurde es ernst, ich wurde aufgerufen um an die Wand zu gehen. Während ich eingebunden wurde, cremte ich meine Hände mit Liquidchalk ein. Dann schaute ich mir die Route noch ein letztes mal an, ehe ich eingestiegen bin. Schnell bemerkte ich dass ich auch diese Route falsch eingeschätzt habe. Die halboffenen GROßEN Griffe waren für meine rechte Hand eine wahre Herausforderung. Gott sei dank kamen immer wieder gute Griffe. Aber dann war ich auch schon an der Crux-Stelle angekommen. Leider fand ich dort keine passende Lösung für mein Handicap. Da mein linker Fuß sehr schwach ist konnte ich nicht genug Kraft aufbauen um an den nächsten Griff zu kommen. Gefühlt war die Route viel zu früh zu Ende. Intuitiv wusste ich dass es nicht gereicht hat um Weltmeister zu werden. Nachdem ich dann von der Bühne rollte sah ich, zu meiner Überraschung, dass es immerhin für den 2. Platz reichte. Ich war Wirklich glücklich darüber.
Runter von der Bühne kamen mir auch schon Luki und Fabi, zum gratulieren, entgegen. Es war so schön dass die beiden hier waren. In so einer Kombination sind wir kaum anzutreffen. In diesem Moment übermannten mich meine Gefühle. Ich war den Zweien so dankbar, dass sie mich in den letzten Monaten so arg unterstützten, dass sie mich in dieser schweren Zeit nie fallen gelassen haben, hinter mir standen und mich auch als Furie akzeptierten. DANKE an euch Zwei ihr seit einfach Weltklasse! Ihr seit definitiv mitverantwortlich dass ich Vize Weltmeisterin wurde.
Kurze Zeit später die nächste schöne Überraschung, meine beste Volksschulfreundin ist gekommen um mir beim Bewerb zuzuschauen. Wir sahen uns vor 22 Jahren zum letzten mal. Es war so schön sie wiederzusehen. Danke Katharina für dein Kommen!
Jetzt heiß es noch dem restlichen Team die Daumen drücken. Edith kletterte zu Bronze Linda leider zu Blech. Bei den Jungs lief es auch richtig gut. Gini wurde Weltmeister, Markus Vize, nur bei Dani lief es äußerst knapp, zwischen ihm und dem drittplatzierten lag leider nur das Qualifikationsergebnis, somit kletterte er auch zu Blech. Alles in allem konnte es für uns kaum besser laufen.
Am Abend feierten wir dann natürlich Standesgemäß unseren Sieg. Am nächsten Tag siedelten wir auf einen Campingplatz in der Nähe von Bern. Wir wollten es uns nicht entgehen lassen die Kombinations- Finali von Jakob und Jessy zu sehen. Was sich auf alle Fälle gelohnt hat. Immerhin schaffte es Jessy zur Vize Weltmeisterin und Jakob zum Weltmeister, somit haben beide ihr Ticket für Olympia 2024 in Paris geholt. Diese Weltmeisterschaft war also für das gesamte Nationalteam ein voller Erfolg. An dieser Stelle will ich den beiden nochmal von Herzen gratulieren!
Wie es Chiara bei ihrer ersten Weltmeisterschaft ergangen ist dürft ihr im nächsten Blog lesen. Bis dahin wünsch ich euch eine gute Zeit!