Seit 4 Jahren ruft Amerika, besser gesagt Salt Lake City, um den ersten Weltcup der Saison zu bestreiten.
Auch heuer flogen wir wieder ein paar Tage früher nach SLC um uns zu akklimatisieren, und noch einmal ein Trainingslager zu absolvieren. Für uns hieß es also am Mittwoch nach München zu fahren, von dort weg dann nach Salt Lake zu reisen. Wir
landeten am späten Abend, was für uns sehr angenehm war, denn so konnten wir einem Jetlag entgegenwirken. Ich blieb die ganze Reisezeit wach um vor Ort dann müde zu sein.
Der darauffolgende Tag stand ganz im Sinne des Ankommens. Der Versuch auszuschlafen funktionierte irgendwie nicht, somit war das gesamten Team schon recht früh wach. Also beschlossen wir erstmal einzukaufen um frühstücken zu können, anschliessend wollten wir uns einen Kletterspot anschauen. Da meine Orthesen mit auf die Reise gingen war unser Plan, die Jungs zum Kletterspot zu begleiten, wir Mädels gehen eine kleine Runde wandern.
Was soll ich sagen, der Weg zum Kletterspot war ziemlich abenteuerlich und auch unsere Wanderung war ziemlich steil. Der atemberaubende Ausblick machte die Wanderung aber unvergesslich.
Dann hatten wir 2 Tage Trainingslager. Der erste Tag war für mich alles andere als leicht. Schon beim aufwärmen bemerkte ich, dass mein Körper nicht wirklich bereit war sich anzustrengen. Als ich dann an die Klimmzugstange ging war schnell klar, dass ich ein Problem mit dem Muskel direkt unter dem Brustkorb habe. Ich konnte nicht wirklich anziehen ohne höllische Schmerzen zu haben. Erst dachte ich an ein Mitbringsel des Fluges, es stellte sich wenig später aber als neue spastische Stelle heraus. Wiedereinmal durfte ich mich glücklich schätzen, dass uns eine Physio begleitet. Michi versuchte die Stelle immer wieder so gut wie möglich zu öffnen. Als es nach dem Aufwärmen für mich an die Wand ging, bemerkte ich auch hier, ich bin nicht spritzig und mir fällt alles einfach nur schwer. Dennoch konnte ich ein paar Routen durchsteigen, nur eben ohne Feelgood, was für den Bewerb schon sehr wichtig wäre. Dennoch konnte ich das Training schnell gedanklich abhaken, es blieb ja noch ein Tag um reinzukommen.
Der nächste Tag sollte mir dann auch mein Feelgood-Erlebnis schenken. Ich konnte einige schwere Routen im Überhang durchsteigen, zudem fühlte sich das Klettern auch schon um einiges leichter an als am Vortag. Nun konnte ich mit ruhigen Gewissen dem Wettkampf entgegen sehen. Ich habe mich auch ein Stück weit in diese Kletterhalle verliebt. Der massive Überhang ähnelt dem im KI, bot aber so viele Routen die auch für uns Para´s machbar waren. Es fanden sich einfach massig Routen im 6c-7b Bereich. Ich glaube wir hätten hier noch locker 2 Tage trainieren können ohne dass uns die Onsight Routen ausgegangen wären.
Nach dieser Einheit standen uns 2 weitere Rasttage bevor. Da uns das Wetter leider eine Strich durch die Rechnung machte, verliefen diese zwei Tage auch extrem entspannt mit Aquariumbesuch, shopping und viel Zeit in unserem Whirlpool. Am Vorabend stand dann auch schon fest, dass sich meine Klasse vergrößert hat, was mich ein Stück weit nervös machte, denn es kamen sehr viele neue Athleten hinzu. Beim Routenstudium dann ein kleiner Schock. Beide Routen waren mit Aufstehern und Stützern versehen. Wir haben zwar extrem hart an diesen Sachen gearbeitet, dennoch wusste ich, dass ich bei solchen Dingen klar im Nachteil sein werde, immerhin besteht meine Kategorie fast nur aus Fußgehern bzw. Leuten mit wesentlich kleinerem Handicap.
Ich versuchte mein Mindest zu ändern, mich nicht reinzusteigern in das Negative, sondern es aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Die Routen gaben mir immerhin die Chance zu sehen, was im Training weitergegangen ist. Also beschloss ich früh ins Bett zu gehen, denn ich startete als Erste aus unserem Team in die Quali und musste somit schon recht früh mit dem Warmup starten. Wir hatten uns inzwischen mit der Zeitverschiebung arrangiert und kamen zu ausreichend Schlaf.
Am nächstenTag war ich bereit und gleichzeitig irre aufgeregt. Ich startete als Erste mit unserer Quali Route. Es tat wirklich gut einige Zeit für das Vorbereiten zu haben. Nach meinem Warmup-Ritual behandelte mich Michi noch ein letztes Mal, ehe ich mich zu meiner Quali Route aufmachte. Die Nervosität kroch langsam in mir hoch. Aber als ich dann eingestiegen bin, merkte ich eine neue Ruhe, ich konzentrierte mich nur noch auf die Route. Im unteren Drittel war die Route auch tatsächlich angenehm um ins klettern zu kommen. Der Mittelteil war dann schon etwas anspruchsvoller aber genau mein Stil. Dann kam meine persönliche Cruxstelle. Ein Aufsteher. Ich versuchte als erstes natürlich diesen zu bewältigen, merkte aber schnell, dass meine Beinkraft dazu einfach nicht ausreicht. Somit hieß es improvisieren. Ich nutze den oberen Henkel dazu mich besser einzudrehen und arbeitete mich so langsam Stück für Stück in Richtung des übernächsten Griffes. Siehe da, es hat geklappt, ich hielt den Griff fest in meinen Händen. Von dort an schaffte ich es dann auch irgendwie aufzustehen und mich zu stabilisieren. Aber hier wartete die nächste schwere Aufgabe auf mich. Ein kleiner Sprung war zu meistern. Was soll ich sagen, ich hab es zwar irgendwie geschafft wegzuspringen, konnte aber keine Spannung aufbauen, was dazu führte, dass ich den Griff verpasste und mehr oder weniger vorbei sprang. Nun hieß es für mich warten, um zu sehen, was meine Leistung an dieser Route wert war. Es hieß lange warten, denn so viele Starter hatten wir tatsächlich noch nie in unserer Kategorie.
Am Ende war klar, wir haben einige wirklich starke neue Athleten in der Kategorie, aber ich konnte mich knapp an die Spitze setzten. Auf ging es in die nächste Route. Vor dieser Route hatte ich mehr als Respekt. Immerhin war genau diese Route eine komplette Anti-Jasmin-Route. Sie bot alles was für mein Handicap kaum zu vereinbaren war. Sie startete als positive Platte, die dann nahtlos in einen 5 Grad Winkel (Speedwand) überging, des Weiteren bot Sie Stützer, Aufsteher, Verschieber und offene Tritte wo man auf Reibung steigen musste. Das waren zwar alles Dinge an denen wir in den letzten Monaten hart gearbeitet haben, aber ich wusste nicht, ob ich es in dieser Fülle umsetzten kann.
Ich war erst als 6. dran und durfte/musste meiner Konkurrenz zusehen. Einige meisterten die Route wirklich gut, ein paar konnten den ersten Aufsteher nicht bewältigen. Ich spürte die Nervosität abermals in mir aufsteigen. Endlich war ich an der Reihe. Auch hier kam ich relativ schnell in einen Flow, was mich wieder runterkommen lies. Als ich die erste schwere Stelle gemeistert hatte, kam auch Selbstbewusstsein in mir auf. Die zweite und dritte Cruxstelle konnte ich auch noch richtig gut klettern. Kurz vorm Top kam ich zu meiner persönlichen letzten Cruxstelle. Wieder ein Aufsteher. Meine Beine liefen allerdings schon ein wenig Amok was die Spastik anging. Ich konnte den Tonus dann zwar wieder abschütteln, hatte aber leider keine Kraft mehr um noch einmal durchzudrücken. Somit schüttelte mich die Route erneut ab. Ich hätte aber niemals daran gedacht, dass dies erst 5 Giffe vor dem Top passieren wird. Ich war also stolz und überglücklich. Auch die Coaches waren von der Leistung beeindruckt.
Kurze Zeit später war klar, meine Performance reichte um mich als Erstplatzierte ins Finale zu katapultieren. Jetzt hieß es nur noch Nerven bewahren und am nächsten Tag alles geben.
Ein paar Stunden später stand dann auch fest, dass wir wieder als vollständiges Team in den Finalen stehen. Spannend zu sehen war hier auch die Mixed AL1 Kategorie, denn die Mädels waren richtig stark und konnten wider erwarten gut mit den Jungs mithalten. Pavitra war aber die Einzige, welche den Jungs arg Feuer unter dem Arsch machen konnte und sogar mit ihnen ins Finale einzog. Den Nachmittag verbrachten wir dann noch sehr gemütlich. Wir machten uns auf zu einer Runde Discgolf und im Anschluss machten wir es uns noch im Whirlpool gemütlich, im warmen Wasser konnte sich dann auch die Spastik ein wenig entspannen. Vor dem schlafen gehen behandelte Michi noch unsere Wehwehchen.
Am nächsten Tag hieß es für mich wieder recht früh in die Isozone gehen, damit ich genug Zeit hatte mich aufzuwärmen. Ich war nämlich wieder eine der ersten Starter. Das Aufwärmen stand leider unter keinem guten Stern. Die Spastik schlug in voller Pracht zu. Einerseits in meiner Flanke, andererseits in meiner verletzten Hand. Michi versuchte ihr Bestes, dennoch hatte ich große Schmerzen als ich in den Routen kletterte. Nachdem ich meine 2 Routen aufwärmte, ging es auch schon zur Observation der Final-Route. Die Route schaute mega cool aus, allerdings hatte diese schon im ersten Drittel einen Stützer. Dieser machte mir wirklich große Sorgen. Wenn ich diesen meistern konnte wartete eine kurze Auflegerpassage auf mich, gefolgt von einer Leistenpassage die wieder zu einer Auflegerpassage wechselte. Ich wusste, wenn ich die Aufleger schaffe, konnte ich zur nächsten Passage klettern, denn Leisten sind ja meine Stärke, zumindest war das in meinem Kopf so !
Zurück in der Isolation hängte ich mich noch kurz an die Leisten, danach legte Michi nochmal Hand an um die Spastik zu besänftigen. Dann musste ich auch schon in die Call Zone. Alles ging Schlag auf Schlag. Ehe ich mich versah war auch schon meine Performance gefragt. Ich stieg in die Route ein, wo dann auch schon recht schnell die Cruxstelle mit dem Aufsteher auf mich wartete, als ich diesen problemlos hinter mich gebracht hatte, dachte ich schon dran, dass ich nicht mehr zu stoppen sei.
Naja das war wohl die ukltimative Fehleinschätzung. Als ich die Auflegerpassage beinahe hinter mich gebracht hatte, kam ein für mich unerwartetes Problem. Ich konnte meine Beine nicht hoch genug anstellen um den letzten Aufleger gut genug belasten zu können, zumal die Spastik in der rechten Hand an dem Tag extrem war. Mir viel nichts besseres ein, als den unteren Griff auszulassen und mit der rechten Hand direkt gerade raufzuziehen. Ich hielt die Leiste, aber in meinem gefühlten Stress beschloss ich nicht noch einen Versuch im Umsteigen zu wagen, sondern direkt mit der linken Hand an die Zeitleiste zu gehen. Ein fataler Fehler der mich aus der Route warf.
Danach hieß es für mich erstmal zittern. Warum? Ganz einfach, die Organisatoren hatten die glorreiche Idee uns zeitlich mit den blinden Athleten klettern zu lassen. Was für mich in mehrerlei Hinsicht furchtbar war. Erstens fühlte sich mein Finale mehr so an, als ob ich einfach nur mal so eine Trainingsroute klettere, des Weiteren hab ich zum ersten Mal so richtig gemerkt, wie sehr mich sonst das Publikum unterstützt wenn ich ins fighten komme. Mir fehlte hier die Unterstützung enorm. Und zu guter Letzt, ich hatte keine Ahnung was mein Klettern wert war. Reichte es für den Sieg oder nicht? Nachdem ich in absoluter Stille abgelassen wurde, schwenkte mein erster Blick zu den Coaches. Doch die waren mit dem Lesen des Ergebnisses beschäftigt. Mein Belayer hing mich aus, erklärte mir ich soll zu den Judges gehen und kann dann über diese Rampe vom Spielfeld. Ich schaute ein weiteres Mal zu den Coaches, welche aber immer noch nicht bereit waren mir irgend ein Zeichen zu geben. In dem Moment sah ich Dina (meine Konkurrenz) mir den Einser zeigen. Ich stellte die Frage, für mich? Sie nickte. Eine Last fiel von meinen Schultern und ich konnte mit Erleichterung zur Jury, ehe ich dann ins Publikum rollte.
Mir kamen dann auch schon Michi und einige Gratulanten entgegen. Als ich dann bei Gusti angekommen war, und Michi meine Spastik auflöste, kamen auch unsere Normalos zum gratulieren. Ich freue mich jedes Mal wenn sie zum zuschauen und anfeuern kommen. Ganz besonders freute ich mich aber über die Anwesenheit von Sandra.
Als nächstes kam dann auch schon Linda dran. Sie hatte wohl den schwierigsten Part von uns allen. Denn als Drittplatzierte ins Finale zu kommen und das Feld von hinten aufrollen zu müssen ist mental alles andere als einfach. Man hat zwar beim Klettern zu tun, muss dann aber noch der gesamten Konkurrenz zusehen um zu wissen was das eigene Klettern für einen Wert hatte.
Aber sie machten ihren Job wirklich gut und konnte sich auch an die Spitze klettern.
Wir hatten einige Zeit Verschnaufpause ehe die AL1 Kategorie dran war, hier hieß es noch einmal zittern, denn Pavitra ist wirklich stark. Markus überzeugte dann aber mit seiner Leistung und konnte einen Griff weiter klettern. Auch Gini meisterte die Passage an der Pavitra fiel und konnte sich abermals an die Spitze setzten. Pavitra gelang es allerdings sich gegen Tanner durchzusetzen und wurde somit starke Dritte.
Es war also vollbracht und wir holten das beste Ergebnis heraus das wir machen konnten. Mit 3 Goldmedaillen und einer Silbermedaille kann das Team Österreich wieder den Heimweg antreten. Mein Weltcup war eine emotionale Herausforderung, was sich bei der Siegerehrung widerspiegelte, ich konnte meine Tränen während der Nationalhymne kaum zurückhalten. Wir genossen noch ein bisschen das Event und das Zusammensein mit den anderen Teammitglieder, ehe wir uns auf den Heimweg machten. Hier hieß es noch ein letztes Mal im Whirlpool entspannen, bevor wir die Koffer packten, denn am nächsten Morgen hieß es früh aufstehen und uns auf die Reise nach Hause machen. Hier wartet immerhin schon die süßeste Fellnase der Welt auf meine Rückkehr…..
